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Autor: Havadis

Datum: 20/02/2025
Kategorie: Wissen

Vergessene Genies: Der Beitrag der östlichen Welt zur Wissenschaft

Wenn man in Geschichtsbücher, Enzyklopädien oder populärwissenschaftliche Magazine schaut, könnte man leicht den Eindruck gewinnen, dass wissenschaftliche Revolutionen nur auf europäischem Boden entstanden sind. Newtons Gravitationsgesetz, Galileis Teleskop, Darwins Evolutionstheorie … all dies wird als große Errungenschaften des Westens dargestellt. Doch die westliche Wissenschaft wurde auf dem Wissen aufgebaut, das die östliche Welt über Jahrhunderte hinweg gesammelt hatte.

Mit der Industriellen Revolution und der modernen Wissenschaft erklärte sich der Westen im 19. Jahrhundert selbst zum Zentrum des Wissens und ignorierte bewusst oder unbewusst das wissenschaftliche Erbe des Ostens. Hier sind einige der vergessenen Genies und ihre bahnbrechenden Entdeckungen:

Die Grundlagen der Mathematik: Von Babylon bis Al-Chwarizmi
Die babylonischen Mathematiker waren die Ersten, die das sexagesimale Zahlensystem (z. B. 60 Sekunden = 1 Minute) entwickelten.

Im 9. Jahrhundert systematisierte Al-Chwarizmi die Algebra und wurde Namensgeber für das Wort “Algebra”. Dank ihm wurden quadratische Gleichungen und algebraische Berechnungen weiterentwickelt. Doch wenn heute Algebra gelehrt wird, wird sein Name oft nicht erwähnt.

Im 14. Jahrhundert berechnete Ghiyath al-Din al-Kashi die Dezimalbrüche und ermittelte den Pi-Wert mit erstaunlicher Genauigkeit. Diese Entdeckung, die eine Schlüsselrolle in der modernen Mathematik spielt, wird jedoch oft nur westlichen Mathematikern zugeschrieben.

Astronomie: Die vergessenen Beobachtungen von Ulugh Beg
Zwischen dem geozentrischen Weltbild des Ptolemäus und dem heliozentrischen Modell von Kopernikus scheint es eine große Lücke zu geben. Doch im 15. Jahrhundert baute Ulugh Beg in Samarkand eines der größten Observatorien seiner Zeit und erstellte äußerst präzise Sternenkataloge – ganz ohne moderne Teleskope. Diese Erkenntnisse wurden in westliche Quellen übernommen, jedoch meist ohne seinen Namen zu erwähnen.

Die Grundlagen der Medizin und Chirurgie
Der Beitrag des Ostens zur Medizin ist unbestreitbar. Avicenna (Ibn Sina) schrieb im 11. Jahrhundert sein Werk “Al-Qanun fi’t-Tibb” (Der Kanon der Medizin), das in Europa jahrhundertelang als medizinisches Standardwerk galt. Doch im 19. Jahrhundert wurde sein Name in der Medizingeschichte entweder völlig ignoriert oder nur in Fußnoten erwähnt.

Zusätzlich entdeckte Ibn an-Nafis im 13. Jahrhundert den kleinen Blutkreislauf. Diese Entdeckung wurde jedoch bis ins 17. Jahrhundert ignoriert, als der westliche Wissenschaftler William Harvey sie erneut beschrieb. Dabei hatte Ibn an-Nafis diese Tatsache bereits Jahrhunderte zuvor dokumentiert.

Ingenieurwesen und Mechanik
Im 12. Jahrhundert forschte Al-Jazari an automatischen Maschinen und mechanischen Konstruktionen. Seine Wasserräder, Roboter und Zahnradsysteme existierten bereits Jahrhunderte vor Leonardo da Vinci. Doch wenn in westlichen Geschichtsbüchern die Entwicklung der Mechanik beschrieben wird, beginnt die Erzählung oft erst mit der Industriellen Revolution.

Warum wurde das wissenschaftliche Erbe des Ostens ignoriert?
Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig. Der Kolonialismus des Westens im 18. und 19. Jahrhundert führte nicht nur zur wirtschaftlichen, sondern auch zur intellektuellen Ausbeutung. Westliche Wissenschaftshistoriker schrieben ihre eigenen Narrative und ließen den Beitrag des Ostens bewusst oder unbewusst außen vor.

Zudem entfernten sich die Gesellschaften des Ostens im Laufe der Zeit von der Wissenschaft und versäumten es, ihr eigenes Erbe zu bewahren.

Die vergessenen Genies wieder ins Gedächtnis rufen
Heute liegt es in unserer Verantwortung, die Wissenschaftsgeschichte neu zu schreiben und die Errungenschaften des Ostens in den ihnen gebührenden Kontext zu setzen. Wissenschaft gehört nicht nur einem Kontinent, einer Nation oder einer Ideologie – sie ist das gemeinsame Erbe der Menschheit. Und in diesem Erbe schlummern viele vergessene Genies.

Ist es nicht an der Zeit, ihre Namen wieder ins Gedächtnis zu rufen?

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